Seit 11 Jahren findet der Deutsche Pflegetag in Berlin statt. Organisiert wird dieser Pflegekongress vom Deutschen Pflegerat e.V.
Zur Auftaktveranstaltung kam bisher immer der Gesundheitsminister. Diesmal auch? Immerhin war ein Tag zuvor die Auflösung der Ampel-Koalition bekanntgegeben worden. Ja, der Herr Lauterbach kam. Er bedauerte sehr, dass die großen Reformvorhaben der Koalition bezüglich der Pflege jetzt erstmal auf Eis gelegt werden. Das wären die Krankenhausreform und das Pflegekompetenzgesetz gewesen. Ehrlich gesagt, hatte ich zuvor einige Vorbehalte gegenüber Herrn Lauterbach und der Pflegepolitik. Jedoch sprachen die Vorsitzende des Deutschen Pflegerates Frau Vogler und ihre Kollegen und Kolleginnen einhellig davon, dass man solch einen Gesundheitsminister noch nie hatte. Gemeint war, dass die Zusammenarbeit vertrauensvoll und auf Augenhöhe war.
Die Berufsgruppe der Pflegenden ist mit 1,2 Mio. Pflegerinnen und Pflegern eigentlich eine ernst zu nehmende und bedeutsame, außerdem sehr große Gruppe in unserer Arbeitswelt. Eine Berufskammer, wie bei der IHK oder Handwerkskammer gibt es aber nur in zwei Bundesländern. Was ist der Grund? Den Pfleger:innen in Deutschland fehlt mehrheitlich das Selbstverständnis für ihren Beruf. Bei der Befragung zur Einrichtung einer Kammer in Baden-Württemberg entschieden sich die Befragten gegen eine Kammer. Die würde auch circa 1 Prozent des Bruttogehaltes kosten. Außerdem ist auch die Gewerkschaft Verdi komplett dagegen. Die beiden Pflegekammern gibt es bisher nur in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Den Deutschen Pflegepreis 2024 bekam Peter Nydahl. Er und sein Team haben die Frühmobilisation auf den Intensivstationen in Deutschland weiter vorangebracht. War man in den 1990er Jahren noch davon überzeugt Patient:innen auf Intensivstationen durch tiefe Sedierung und Immobilisierung vor Schaden und Stress zu schützen, gab es einen Paradigmenwechsel. Nicht mehr die Idee der Genesung durch Bettruhe führt zur Heilung, sondern kritisch kranke Personen sind heutzutage wach und werden auf der Intensivstation rehabilitiert. Sie kommunizieren und entscheiden mit ihrer Familie am Krankenbett. Heute schützen wir Patient:innen durch Partizipation und Mobilisierung (aus: Eggmann S., Nydahl P. (Hrsg.), Frühmobilisation in der Intensivbetreuung, Verlag W. Kohlhammer S. 12-14).
Der Pflegetag war mit 9.000 Teilnehmern so gut besucht wie noch nie. Auch 2000 Pfleger:innen der Jungen Pflege waren mit einem eigenen Programm präsent. Es war eine gute Stimmung. Vom Pflegenotstand ließen sich die Teilnehmer nicht betäuben. Vielmehr gab es einige sehr interessante Projekte, die für die Zukunft der Pflege Hoffnung machen. Dennoch wurde offen und klar die Problematik angesprochen, dass immer mehr Bürokratie und das Ausbremsen guter Ideen schädlich sind für die Entwicklung der Pflege in Deutschland.
Autor: Frank Hellbeck, Aufsichtsratsmitglied der SAGES eG