Beim Thema Gerechtigkeit denken viele zuerst an soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte. Doch welchen Platz nimmt die Gerechtigkeit ein, wenn es um ältere Menschen in unserer Gesellschaft geht? Der Deutsche Seniorentag Mannheim 2025 bot eine bedeutende Plattform, um über die damit zusammenhängenden Fragen zu diskutieren. In diesem Editorial habe ich ein paar Gedanken zur Rolle der Altersdiskriminierung im Hinblick auf das gelingende Älterwerden in Würde festgehalten.
Frühe Erfahrungen und der Sinn für Gerechtigkeit
Unser Gerechtigkeitsempfinden wird in der frühen Kindheit geformt und beeinflusst unser ganzes Leben. Diese Prägung zeigt sich beispielsweise bei Menschen die seit ihrer Geburt in Sauß und Braus leben. Da ihr Gespür für Gerechtigkeit eng mit den gemachten Erfahrungen in der Kindheit verbunden ist, ist auch ihre Bereitschaft weniger groß, ihr Vermögen mit gemeinwohlorientierten Organisationen zu teilen. Das führt dann zu den bekannten Vermögensunterschieden, die hier wunderbar illustriert wurden
Altersdiskriminierung: Ein europäisches Anliegen
Altersdiskriminierung definiert die Altersdiskriminierungsstelle des Bundes als soziale und ökonomische Benachteiligung von Personen oder Gruppen aufgrund ihres Lebensalters. Diese Problematik wurde auch auf dem Deutschen Seniorentag 2025 deutlich. Beispielsweise indem ein Vertreter der zivilgesellschaftlichen Organisation „AGE Platform Europe“ an die Ungerechtigkeiten gegen Ältere an allen Ortens in Europa erinnerte…aber auf ganz diverse Art. Deswegen gibt es auf Europäischer Ebene auch bereits seit 17 Jahren redliche Bemühungen zur Reduktion der Altersdiskriminierung. Immerhin hat die Europäische Kommission bereits ein breites Lernangebot und ein spannendes Online-Spiel herausgebracht, das darauf abzielt, das Bewusstsein für Altersdiskriminierung zu schärfen.
Ein praktisches Beispiel lieferte mir ein lebendiges Gespräch mit einer Rikscha-Fahrerin in Mannheim. Ihre Empörung über meine Provokation: „aufgrund ihres Alters sei sie unfähig, ein solches Gefährt zu steuern“, führte zu einer angeregten Diskussion. Einerseits ging es um ungerechtfertigte Vorurteile, aber auch um vorweggenommene Selbstdiskriminierung und die Möglichkeiten einer Emanzipation von beidem. Zum Schluss versöhnten wir uns, und Sie radelte cool winkend davon.
Die Rolle der BAGSO und der Weg nach vorne
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) betont die Notwendigkeit, ältere Menschen in die Gestaltung der gesellschaftlichen Zukunft aktiv einzubinden. In ihrer „Mannheimer Erklärung“ stellen die 221 Mitgliedsverbände der BAGSO klar, dass die Vielfalt an Erfahrungen im Alter eine Bereicherung ist – für die gemeinschaftliche Anstrengungen durchgeführt werden müssen, zur Wahrung der menschlichen Würde.
Fazit zur Altersdiskriminierung
Der Seniorentag 2025 in Mannheim eröffnete neue Perspektiven auf die Frage der Gerechtigkeit im Alter. Gerechtigkeit bedeutet, sowohl die Vielfalt der Lebenserfahrungen, als auch die Plastizität des Alters anzuerkennen, die sich in unterschiedlichen Lebensentwürfen äußert. Wenn Älterwerden gelingen soll, dann kann das nur individuell geschehen. Um Diskriminierung abzuschaffen, müssen vorhandene Strukturen durchlässiger werden und auch neue geschaffen werden. Leitend ist dabei ein emanzipierter Inklusionsgedanke, der die Würde jedes Menschen nicht nur postuliert sondern auch einfordert. In dem Fall wird die gerechte Behandlung der Älteren ein vorrangiges Ziel für eine lebendige und dynamische Demokratie. Lassen wir uns davon inspirieren, gemeinsam für ein gerechteres Miteinander zu arbeiten.